WG161 – Briefentwurf an Alma Mahler
Berlin oder Hannover, spätestens Donnerstag, 6. oder Freitag, 7. Juli 1911
Die Menschen sind träge
stumpfe, dumme Tiere,
sonst wäre mehr Empörung
in der Welt.
Kampf zw.[ischen] Erkennt-
nisdrang u Liebeskraft
Wenn man in der großen
Gesellschaft verkehrt muß man
allmorgendlich eine Kröte
herunterschlucken.
Der gute Glaube schadet
vielleicht dem Geiste, doch
ich halte ihn für unerläßlich
um in den Künsten Großes
zu leisten. Um einen
tiefen Eindruck von einer
Kirche zu haben muß man
gläubig sein. Theologie
führte zu allem in der
Renaissance, Wissenschaften
ins Gefängnis. u gerade
die Zeit brachte die größten
Charaktere hervor
Es ist zuviel Trägheit im
Menschen, sonst wäre mehr Empörung.
Apparat
Überlieferung
, .
Quellenbeschreibung
1 Bl. (1 b. S.) – Notizblock.
Druck
, S. 463, Anm. 117 (Auszug).
Korrespondenzstellen
Beantwortet durch AM79 vom 8. Juli 1911 (Dein herrlicher […] Brief – von der Religiositätsnothwendigkeit zur Schaffung großer Kunstwerte): Der gute Glaube schadet vielleicht dem Geiste, doch ich halte ihn für unerläßlich um in den Künsten Großes zu leisten.
Datierung
Bereits WG160 enthält eine Notiz, die sich mit WGs Haltung zur Religiosität auseinandersetzt (Die Scheu vor dem Nirwana). Im vorliegenden Entwurf schien sich WG noch ausführlicher mit der Frage zu befassen, welchen Einfluss die Religion auf die Kunstproduktion ausübte. Die Datierung ergibt sich dabei aus der Korrespondenzstelle wie in WG160 und wird spätestens auf den 6. oder 7. Juli 1911 festgesetzt. Zu Hannover s. Datierung von WG159.
Übertragung/Mitarbeit
(Pia Schumacher)